Ein Abend für die Sinne: Glenmorangie Signet



Wir alle kennen die Situation: Bei einem abendfüllenden Whiskytasting werden oft 6, 8 oder mehr Whiskys präsentiert. Doch die besten Flaschen kommen dabei meistens zu kurz, denn natürlich hebt sich der Gastgeber den flüssigen Star des Abends bis zum Ende auf, wenn die Geschmacksnerven bereits deutlich überlastet und unser Geruchsinn hoffnungslos überfordert ist. Im Frankfurter Roomers Hotel hatte ich Gelegenheit, ein Whisky-Tasting der ganz anderen Art zu erleben. Die Brennerei Glenmorangie zeigt sich wieder einmal innovativ und präsentiert einen Abend für die Sinne.

Als ich in der Sky-Lounge des Roomers Hotels ankomme, hat sich die Dunkelheit bereits über die Stadt gesenkt und die  Skyline von Frankfurt bietet einen beeindruckenden Hintergrund für das Tasting, das uns erwartet. Glenmorangie Signet, der  heute abend verkostet wird, ist kein Newcomer, sondern gehört bereits seit einiger Zeit zum Portfolio der schottischen Brennerei in den nordöstlichen Highlands.

Ich bin sehr gespannt, denn nur einen einzigen Whisky anzubieten, erscheint auf den ersten Blick doch etwas dürftig. Ob es der Signet wohl schafft, ein ganzes Abendprogramm alleine zu bestreiten, ohne dass mir langweilig wird?

Aber unsere Gastgeber geben sich geheimnisvoll und verraten nichts über das geplante Programm. Mir bleibt also nichts anderes übrig als abzuwarten. Während nach und nach die Gäste eintrudeln, genieße ich den Blick und das nächtliche Ambiente des sanft abgedunkelten Raumes, und allmählich steigt meine Vorfreude.


Endlich werden wir in einen Nebenraum geführt, und da bin ich erst einmal sprachlos: auch dieser Raum ist in dunkles Licht getaucht, und in seiner Mitte befindet sich eine große Tafel, die edel eingedeckt ist. Und auf jedem Platz steht ein Glas Whisky und eine große, silberne Warmhalteglocke.

In Gedanken rattere ich schnell alle Möglichkeiten durch, was sich unter diesen riesigen Cloches verbergen könnte: Poularde - Truthahn - Aroma-Rad - noch mehr Whisky.... Doch als endlich die Kellner das Geheimnis lüften und die Glocken abdecken, staune ich: vor mir liegt ein Stereo-Kopfhörer. Die Überraschung ist gelungen, und der Kopfhörer hat jetzt meine ganze Aufmerksamkeit.

 

Ein Abend für die Sinne soll es werden, und mehr als nur die Zunge ist gefordert. Wir setzen die Kopfhörer auf, und mit geschlossenen Augen tauchen wir ein in ein Meer von Geräuschen, die uns an einen anderen Ort und in eine andere Zeit versetzen, und lauschen den Stimmen, die den Whisky des Abends, Glenmorangie Signet, vorstellen und uns durch das Tasting führen.

High Roasted Chocolate Malt


Der Signet gehört zu den High-End-Whiskys von Glenmorangie, und seine Rezeptur ist kompliziert. Was ihn von anderen Whiskys unterscheidet, ist die Verwendung von sogenanntem High Roasted Chocolate Malt, das speziell für den Signet hergestellt wird. Hierzu wird knapp ein Drittel des Gerstenmalzes bei Temperaturen von bis zu 400 Grad geröstet, fast wie kleine Malzkaffeeböhnchen, und genauso schmecken sie auch. Diese schokoladenbraunen Gerstenböhnchen bringen später die karamelligen, erdigen, kaffee-artigen Geschmacksaromen.

Ein Teil der Gerste stammt von den Feldern in der Umgebung der Brennerei, die ja direkt am Meer liegt. Gereift wird der Chocolate Malt Whisky in einer Kombination aus ehemaligen Oloroso-Sherry-Fässern und neuen, ausgebrannten Fässern aus  amerikanischer Weißeiche, wodurch vor allem würzige, vanillige, vollmundige, süße Noten entstehen. Abgerundet wird die Rezeptur durch die Vermählung mit 35-40 Jahre alten Whiskys, was ihm eine cremige, elegante Textur verleiht, und einigen anderen Besonderheiten, die das Geheimnis des Brennmeisters bleiben.

Über 10 Jahre lang hat Dr. Bill Lumsden, Director of Distilling and Whisky Creation bei Glenmorangie, mit seinen Mitarbeitern an der Entwicklung des Signet gearbeitet, und man kann nur ahnen, wieviel meisterhafte Handwerkskunst in diesem Whisky verborgen ist.


Der Signet ist entsprechend komplex: in der Abgeschiedenheit der virtuellen Welt entdecke ich immer  wieder neue Geschmacksaromen. Kaffee, Schokolade, Orangen, Leder, Erde, Feigen, und Vanille explodieren regelrecht auf der Zunge, und viele Nuancen treten erst durch die zweimalige Zugabe von Wasser zutage. Die Dunkelheit scheint die Sinne zu schärfen, und kein störendes Nebengeräusch lenkt die Aufmerksamkeit unnötig ab.

Siebeneinhalb Minuten dauert die mediale Präsentation insgesamt, doch die Zeit vergeht wie im Flug und erscheint  mir viel kürzer. Am Ende bin ich sehr beeindruckt von dieser unmittelbaren, sinnlichen Erfahrung. Einen Wermutstropfen gibt es jedoch: das Band ist eindeutig für Männer produziert, denn während die Stimme der Frau sehr sinnlich-erotisch haucht und flüstert, plaudert die Männerstimme so wohltuend seriös wie der nette Onkel von nebenan. Vielleicht wird es ja irgendwann auch eine Aufnahme für Frauen geben. Denn mir hätte es durchaus auch andersherum gefallen;-)


 

Schließlich kehren wir wieder in die Sky-Lounge zurück, wo weitere Experimente der Aromakunst auf uns warten: dunke Schokolade, Zimt, Ingwer, und Orangenzesten erweisen sich als perfekte Begleiter für den Signet. Am Ende gibt es dann doch noch was zu essen, und auch die Fingerfood-Häppchen sind geschmacklich perfekt auf den Star des Abends abgestimmt.

Den Rest der Zeit verbringe ich damit, gemeinsam mit  Achim vom Cocktail-Forum und den anderen Gästen genussvoll die leckeren Häppchen aus der Hotelküche des Roomers zu testen  und ausgiebig zu diskutieren, welche Speise denn nun wie warum weshalb einfach optimal zum Signet passt.


Am Ende sind wir uns einig: Unser Spitzenreiter ist das Petersilienwurzelschaumsüppchen mit Arganöl und Garnelen. Aber auch Blutwurst mit Champagnerkraut und Petersilienöl, Bison mit Burrata und gebratener Sardine, Tatar Asia Style angebraten mit Koriandertopping oder Tunfisch mit Pak Choi und rotem Curry bieten einen hervorragenden Rahmen für den Glenmorangie Signet.



Auch der Tafelspitz in Salzkruste mit Grüner Soße und Bratkartoffeln war toll. Und hat mit Blick auf die Frankfurter Hochhaustürme natürlich doppelt gut geschmeckt. Aber zum Signet hat die Grii Sooß dann doch nicht so ganz gepasst.


Von Langeweile gibt es an diesem Abend keine Spur. Glenmorangie Signet ist tatsächlich so komplex, dass er immer wieder in neuen Aroma-Kombinationen präsentiert werden kann. Das abgedunkelte Licht und die dunklen Farben haben ein Ambiente geschaffen, das den Signet auf wunderbare Art zum glänzen gebracht und seine Aromenvielfalt perfekt hervogehoben hat. Eigentlich sollte jede Frau einen Signet zuhause haben. Denn er ist ein idealer Whisky für einen sinnlichen Abend mit einem sinnlichen Mann...

Slàinte, Mädels!





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