Grüße aus der Vergangenheit: Mosstowie 1979.

Die meisten Single Malt Whiskys werden in sogenannten Pot Stills gebrannt, deren Anblick das Herz jedes Fans höher schlagen lässt und die alljährlich tausende von  Photos und Kalenderblätter zieren. 
Weit weniger  bekannt ist, dass es noch eine andere Art der Brennblase gibt: die Lomond Still. Entwickelt wurde diese seltene und wenig elegante Brennblase 1955 für die Destillerien von Hiram Walker. 
 
Mosstowie 1979, Signatory.        Foto: margaretemarie


Not macht erfinderisch, und die Whisky-Industrie befand sich während der Nachkriegsjahre in einer ähnlichen Situation wie heute: nach der Mangelwirtschaft während der 30er und 40er Jahre ging es den Menschen nun zunehmend besser und die Nachfrage nach Whisky stieg gewaltig an. Damals waren vor allem Blended Whiskys gefragt, und bei Hiram Walker suchte man nach Möglichkeiten, in den eigenen Brennereien verschiedene Whisky-Stile zu produzieren, die dann im hauseigenen Blend Ballantine's Verwendung finden sollten.


Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre wurde die Lomond Still  in allen Brennereien von Hiram Walker eingesetzt: Inverleven Distillery in Dumbarton (ab 1955, unter dem Namen Lomond), Glenburgie (ab1958, unter dem Namen Glencraig), Miltonduff (ab 1964, unter dem Namen Mosstowie) und schließlich Scapa auf den Orkney-Inseln. Deutliches Erkennungszeichen einer Lomond Still ist der seltsam gebogene "Hals", der an die lange Schnute einer alten Kaffeekanne erinnert.

Ein interessanter Bericht über die Hintergründe dieser Entwicklung findet ihr [hier] auf der Seite der SMWS.

Doch schon zu Beginn der 80er Jahre war es vorbei mit der Lomond Still, in Inverleven wurde sie 1985 stillgelegt, in Miltonduff und Glenburgie wurde sie 1981 sogar demontiert. Lediglich in Scapa kommt sie immer noch zum Einsatz.

Heute gehören diese Brennereien zum Konzern Pernot Ricard. Originalabfüllungen mit Whisky aus der Lomond Still hat es in der Vergangenheit kaum gegeben, sie wurden vor allem als Bestandteil von Ballantine's eingesetzt, der damals immerhin aus 42 verschiedenen Single Malts komponiert wurde.

Bei den unabhängigen Abfüllern hingegen tauchen immer wieder Einzelfässer aus der Lomond Still auf, und gelten heute als Rarität.


Mosstowie 1979-2011, 32 Jahre, Signatory, Cask Strength Collection, Bourbon Barrel, Fass Nr. 12760, Fl.-Nr. 108 von 145, 45.6%, ohne Farbzusatz



Aroma:

Vanille, Fudge, ganz viel Honig, Malz, aber auch Dieselöl und Salamibrot, frischer Blumenduft, Anis, Rosinen, Orangen, rund, wunderbar seidig, mehr floral als fruchtig, ist sehr schnell präsent und ändert sich dann kaum noch.

Geschmack:

süß, aber auch sehr bitter, schwer, ölig, würzig, Eiche, Tannine, Grapefruitschale

Nachklang:

mittellang, angenehm warm, zunächst leicht trocken, dann aber fließt plötzlich der Speichel

Fazit:

Ein fantastischer Duft und ein interessanter  Geschmack, aber nichts für jeden Tag. Ein anspruchsvoller Whisky für den, der schon alles kennt.  Für mich aber etwas zu schwer und zu viele Bitternoten. 

8 Punkte (von 10)

Und ein ganz großes Dankeschön an Peter für diese wunderbare Gelegenheit, einmal einen Mosstowie zu verkosten.

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