Bladnoch oder die Trauer eines Importeurs

Seit Monaten steht fest: die Brennerei Bladnoch in den schottischen Lowlands soll verkauft werden. Doch das Verfahren stockt, die Gerüchteküche brodelt. 

Vor ein paar Tagen habe ich mit Dietmar Schulz, der "zweiten Hälfte" von Alba und deutscher Importeur von Bladnoch, über das traurige Ende einer spannenden Ära gesprochen.
 


In drei Jahren könnte die Brennerei Bladnoch ihr 200jähriges Jubiläum feiern. Doch ob es bis dahin etwas zu feiern gibt, steht derzeit in den Sternen, das Schicksal der südlichsten aller schottischen Brennereien ist wieder einmal  mehr als ungewiß.

Dabei hatte alles doch so hoffnungsvoll begonnen. Als Raymond und Colin Armstrong 1994 die Brennerei nach einjähriger Stilllegung von Diageo übernahmen, sah der Kaufvertrag noch eine Sperrklausel vor. Zwar durften die Brüder die Immobilie nach eigenen Plänen nutzen, doch die Produktion von Whisky  war zunächst nicht gestattet. 6 Jahre dauerte das zähe Ringen mit dem Getränke-Giganten, ehe Diageo nachgab und schrittweise die Produktion wieder zuließ. Als im Dezember 2000 endlich wieder der erste New Make floss, waren alle Beteiligten vom Erfolg überzeugt.

Langsam füllten sich die leeren Lagerhallen bei Bladnoch wieder. Zeitgleich mit dem Neuanfang kaufte der neue Besitzer auch alte Fässer von Bladnoch zurück, die zusammen mit neu befüllten Fässern in einem der 11 Lagerhäuser deponiert wurden. Die übrigen Lager wurden an andere Destillerien vermietet und sicherten der noch jungen Firma das Überleben in den Anfangsjahren, ehe ab 2008 Abfüllungen aus eigener Produktion auf den Markt kamen. Ab 2002 wurde regelmäßig produziert, 2009 betrug die Jahresproduktion schließlich stolze 200.000 Liter Alkohol.

Heute, 14 Jahre später, sieht die Welt in Bladnoch ganz anders aus, die Beteiligten haben sich hoffnungslos zerstritten. Denn die vier Anteilseigner, Raymond, Colins und ihre Ehefrauen, halten jeweils 25% der Aktien. Was auf den ersten Blick gerecht und fair erscheint, ist betriebswirtschaftlich eine Katastrophe. Denn es gibt keine Mehrheit. Wird man sich bei wichtigen Entscheidungen nicht einig, entsteht eine Politik der Blockade. Notwendige Schritte können nicht unternommen werden, und am Ende steht das Aus. Seit 2010 wird in Bladnoch nicht mehr gebrannt.



Wenn man mit Dietmar über Bladnoch redet, merkt man schnell, wie sehr ihn die ganze Entwicklung persönlich bewegt und  schmerzt. Bladnoch war eines seiner Babys. Die Brennerei hat wunderbar in das Portfolio von Alba Import gepasst, das sich auf unabhängige Abfüller und private Brennereien spezialisiert hat. Denn Dietmar und seine Frau Corinna sind Importeure aus Leidenschaft, die ihren Job nicht nur lieben, sondern auch leben.

Mindestens ein oder zwei mal im Jahr haben sie die Brennerei besucht, und sich ihre Fässer ausgesucht. Im Grunde waren ihre Abfüllungen fast immer Einzelfass-Abfüllungen. Doch damit ist jetzt Schluss. Die Firma Co-Ordinated Development Services, der Bladnoch rechtlich  gehört, befindet sich seit dem 10. März 2014 in der Liquidation. Beauftragt mit der Abwicklung des Verkaufs wurde Joseph Luke Charleton (Ernst & Young).

Seither haben die Gesellschafter keinerlei Zugriff mehr auf die eigenen Fässer. Seit Frühjahr darf nichts mehr abgefüllt werden, und es gibt mittlerweile auch keinen "Bottled Stock" mehr.  Die letzten verfügbaren Original-Abfüllungen von Bladnoch befinden sich derzeit im Zolllager von Alba: etwa 60 Flaschen der "Distiller's Choice" und etwa 40 Flaschen der  11 Jahre alten Abfüllung. Das Ende ist absehbar.



Als möglicher Käufer wird derzeit die indische Mittal-Group gehandelt, die in der Vergangenheit durch schlechte Arbeitsbedingungen und tödliche Unfälle in ihren Bergwerken in die negativen Schlagzeilen geriet. Die Politik der Blockade geht jedoch weiter, seit Monaten gibt es keinerlei Bewegung in der Verkaufsabwicklung.

Doch egal, wer letztendlich Bladnoch übernehmen wird, für Dietmar Schulz steht fest, dass die Ära Bladnoch für ihn mit dem Verkauf zu Ende gehen wird. Eine Zusammenarbeit mit einem Konzern kann er sich einfach nicht vorstellen.

Und schon längst hat er neue Pläne, um den Verlust von Bladnoch zu kompensieren. Am 30.11. 2014 wird in der Nähe des legendären Golf-Ortes St. Andrews die neue Kingsbarns Distillery offiziell eröffnet, und ihr Whisky  wird sehr wahrscheinlich in Zukunft das Portfolio von Alba bereichern. Der New Make von Kingsbarns soll jedenfalls schon im nächsten Jahr erhältlich sein.

Auch in Glasgow wird am Ufer des River Clyde eine neue Micro-Brennerei den Betrieb aufnehmen. Das Projekt wurde vom Besitzer der A.D. Rattray Company, Tim Morrison, auf den Weg gebracht. Der erste Spatenstich ist noch in diesem Jahr geplant, ab 2015 soll in der neuen Glasgow Distillery der erste New Make fließen. Die Augen von Dietmar leuchten schon wieder, als er von diesen Zukunfts-Projekten spricht, denn  auch diese Brennerei würde gut in das Konzept von Alba passen.

Ein ganz besonderes Fass haben Dietmar und Corinna aber noch beiseite legen können: Ein 22 Jahre alter Bladnoch. Es hätte eine schöne Abfüllung für die 200-Jahr-Feier werden können. Es ist anders gekommen. Das letzte Fass, das Diemar und Corinna für Bladnoch abfüllen werden, wird dem Abschied gewidmet sein.


Kommentare

  1. Traurige Entwicklung bei Bladnoch und ganz bitter für Alba. Danke für den interessanten Artikel.
    Gruß, Stefan

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  2. Naja, wenn sowohl Wemyss als auch A.D. Rattray schon von Alba nach Deutschland gebracht werden, müssen wohl auch die Whiskys der beiden neuen Brennereien diesen Weg nehmen.
    Aber das Ende von Bladnoch ist wirklich ein tragisches, egal wie es ausgeht. Nicht nur für die Armstrongs

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