Couchgespräche: Interview mit Mareike Spitzer, Whiskey-Importeurin

Die irische Whiskeyindustrie gehört zu den Wirtschafts-Bereichen mit den höchsten Wachstumsraten im Land. In der vergangenen Dekade wuchs die Produktion um mehr als 200% auf derzeit über 60 Millionen Liter irischer Whiskey pro Jahr, die Anzahl der Brennereien stieg um das Vierfache. Mehr als 1 Milliarde Euro werden vermutlich in den nächsten 10 Jahren in den Ausbau der irischen Whiskey-Industrie investiert werden.

Etwa 95% der irischen Whiskey-Produktion gehen derzeit in den Export, doch in Deutschland wird Irischer Whiskey noch immer von vielen belächelt und im Vergleich mit schottischem Single Malt nicht wirklich ernst genommen.
 
Mareike Spitzer, Importeurin für Irischen Whiskey

Mareike Spitzer gehört zu einer handvoll Menschen in Deutschland, die das grundlegend ändern wollen. Seit sie vor vier Jahren ihren online-Shop nur für irischen Whiskey startete, hat sie sich ganz dem Lebenswasser von der grünen Insel verschrieben. Als Importeurin möchte sie vor allem weniger bekannte Marken in Deutschland einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Vor kurzem habe ich Mareike Spitzer zuhause im hessischen Ranstadt besucht und mich mit ihr über irischen Whiskey, ihre Arbeit als Importeurin und ihre Zukunftsprognosen unterhalten. Hier ein Auszug aus unserem Gespräch.


 
MM: Mareike, du arbeitest vor allem als Importeurin für irischen Whiskey. Welche Marken vertrittst du ?
MS: Zu meinem Portfolio gehören derzeit The Quiet Man Traditional Whiskey, Dingle Distillery, Knockeen Hills Poteen, Muldoon Irish Whiskey Liqueur, Uisce Beatha Real Irish Whiskey und natürlich die Teeling Single Cask Abfüllungen, sowie Blackwater Small Batch Irish Gin und Heather Gin.

MM: Begonnen hast du aber mit einem Online-Shop?
MS: Ja, mein Online-Shop ist mittlerweile 4 Jahre. Als ich im November 2010 auf der Interwhisky war, hatte ich zum ersten Mal irischen Whisky probiert, Jameson Gold, und ich war sofort begeistert davon. Ich habe dann festgestellt, dass es in Deutschland eigentlich kaum Irischen Whiskey gibt. Und im Frühjahr 2011 kam dann die Idee, dass ich ja einen eigenen Shop aufsetzen könnte für Irischen Whiskey, was mir auch leichtgefallen ist, weil ich beruflich aus dem Bereich Vertrieb und Marketing komme und auch schon mal für ein großes Industrieunternehmen eine Website gebaut hatte. Also hatte ich da schon mal die Vorkenntnisse, was ich alles so brauche für einen Internet-Auftritt. Und natürlich hatte ich auch Importeure gesucht – eine wichtige Frage war ja, was kriegen wir hier überhaupt. Ende August 2011 sind wir dann online gegangen mit Irish Whiskeys.

MM: Und dann hast du dich entschlossen, selbst als Importeurin tätig zu werden?
MS: Ja, vieles was ich haben wollte, war damals in Deutschland gar nicht zu bekommen. Das hat mich natürlich besonders gereizt, das wollte ich ändern.

MM: Damals hat irischer Whiskey in Deutschland auch keinen allzu guten Ruf gehabt, oder?
MS: Das fing da gerade an, dass so ganz langsam der Ruf besser wurde. Eigentlich waren zu diesem Zeitpunkt nur die Standard-Marken bekannt, Jameson, Bushmills, Tullamore, Connemara, Killbegan. Also die five big player.

MM: Das hat sich in den letzten Jahren aber geändert?
MS: Ja, sehr. Zunächst mal bringen die großen Distillerien inzwischen viel mehr Abfüllungen heraus und machen auch mehr Marketing, vor allem ein besseres Marketing, und sind auch auf viel mehr Messen vertreten. Und auch die Single Pot Still Whiskeys sind in den Vordergrund gerückt. Ich merke das auch auf Messen: wenn ich den Redbreast Single Pot Still präsentiere, dann kommen immer öfter Leute und sagen: „Ach ja, den kenne ich. Aber dass es auch einen Power John's Lane gibt, wusste ich noch nicht.“ Also – es ist noch nicht alles bekannt, aber es wird besser.

MM: Haben die Iren jahrzehntelang die Entwicklung im Whisky-Bereich verschlafen oder haben wir in Deutschland die Entwicklung in Irland verschlafen?
MS: Ich würde sagen, vielleicht beides ein bisschen. Also der Whisky hat ja einen ganz ganz  harten Stand gehabt, aus geschichtlichen Gründen, das hing mit der Prohibition zusammen. Die Schotten haben damals schlechten Whisky bzw. Whisky-Verschnitt nach Amerika geschickt, und es dort als irischen Whisky verkauft. Dadurch erhielt irischer Whisky auf dem Weltmarkt einen schlechten Ruf. Dann haben die Schotten den Iren noch eine hohe Steuer auf gemälzte Gerste auferlegt, so dass die Iren von vorne herein schon einen schwierigeren Stand bei der Produktion hatten. Daraus ist auch der Single Pot Still Whisky entstanden. Er beträgt 40 % gemälzte Gerste und 60 % ungemälzte Gerste. Das ist also ein einmaliger Whisky, den es nur in Irland gibt. Und erst so ab ungefähr den 90er Jahren hat sich irischer Whisky rehabilitieren können. Ende der 80er Jahre kam dann ja auch John Teeling mit seiner Cooley Distillery, und dann fing das Marketing international so langsam wieder an. Aber es dauert halt seine Zeit, bis das alles wieder aufgebaut wird, was jahrzehntelang kaputt gemacht wurde. Verschlafen würde ich deshalb nicht sagen. Der Aufbau zu einer guten Whisky-Marke und zu einer guten Whisky-Nation, der hat einfach gedauert.

MM: Im Augenblick bewegt sich ganz viel in Irland, da findet gerade ganz viel Aufbau statt. Welche Marken werden deiner Einschätzung nach in den nächsten Jahren von sich reden machen?
MS: Auf jeden Fall Teeling. Auch Dingle. Dann Slane Castle. Das nördlich von Dublin gelegene Schloss wurde jetzt von Brown-Foreman bzw. Jack Daniels gekauft, die mit Sicherheit dort sehr stark investieren werden. Slane Castle ist ein wunderschönes Schloss, eine ganz tolle Anlage. Wir waren selbst vor Ort und haben uns das angeschaut. Die Anlage, wo die neue Destillerie entstehen wird, stammt noch aus dem 17. Jh., hat also einen ganz historischen Hintergrund. Ich glaube, mit den Investitionen, die jetzt dort getätigt werden, werden wir auch ganz viel von denen hören.

MM: Ist es eigentlich eine Herausforderung, wenn man als Frau Whisky importiert und verkauft oder spielt das eher keine Rolle?
MS: Es spielt schon eine Rolle. Also, ich mache das jetzt seit 4 Jahren, als ich anfing, war ich 25. Ich stand also mit 26 auf der ersten Whisky-Messe, und da war das schon so, dass die Kunden stutzten – „Wie, so jung? Eine Frau? Irischer Whisky? – Das kann nicht funktionieren“. Also- das konnte man richtig in den Blicken der Besucher ablesen. Mittlerweile gibt es immer mehr Frauen im Whisky-Bereich, die Frauen-Quote wächst, Jameson z.B. hat jetzt auch eine neue Master Distillerin eingestellt. Und jetzt gibt es auch nicht mehr ganz so viele schiefe Blicke. Aber wenn noch ein Mann mit an dem Stand steht, merkt man schon, dass die Kunden dann doch überwiegend lieber dort hin gehen. Also, es gibt natürlich auch solche Männergruppen, die sagen: „Da steht eine Frau, wir wollen von der bedient werden.“ Es gibt aber auch andere, die dann lieber gezielt einen Mann ansprechen. Und wenn mein Vater mit am Stand hilft, dann wird er auch immer für den Chef gehalten.

MM: Warum hast du dich für irischen Whisky entschieden?
MS: Ich sage nicht, dass schottischer Whisky schlecht ist. Aber für mich gab es zwei Ausschlusskriterien: Zum einen gab es ja in Deutschland schon so viel schottischen Whisky. Und außerdem trinke ich keinen getorften  Whisky. Mir wird schlecht davon. Da stehe ich auch dazu. Aber Irland war schon immer mein Thema. Das Land, der Whiskey, und ich, das passt einfach zusammen.

MM: Was ist für dich das Besondere am irischen Whiskey?
MS: Also es gibt eigentlich zwei Seiten, die typisch sind für irischen Whisky. Wenn ich auf einer Whisky-Messe Leute frage, was für sie typisch ist am irischen Whisky, bekomme ich zu 80-90% die Antwort: der ist mild, der hat keine Ecken und Kanten, hat aber nicht viel Geschmack. Das ist so die weit verbreitete Meinung über irischen Whisky.Zum Glück ändert sich dieses Bild allmählich.
Für mich steht irischer Whisky auch für Milde und Weichheit, aber er hat auch ganz viele Fruchtnoten, von ganz hellen Früchten bis hin zu dunklen Beeren, – also ein Redbreast 21, der hat ganz ausgeprägte Cassis-Noten – und dann gibt es aber auch welche wie der Quiet Man 8 Jahre, der diese hellen Früchte hat, oder unser Teeling Single Cask 2007, der war 7 Jahre im Bourbon-Fass und hat ganz tolle Apfel- und Birnen-Noten, das ist was, das ich persönlich total gerne mag. Irischer Whiskey hat eine unglaubliche Bandbreite, also von mild-fruchtig bis kräftig-würzig. Der Power John’s Lane zum Beispiel ist so ein richtiger Winter-Whisky, mit Weihnachtsgewürzen, und Lebkuchenduft. Das finde ich einfach toll.

MM: Wie unterscheidet sich denn irischer Whisky in der Herstellung von Schottischem Whisky?
MS: Irischer Whisky wird oft dreifach gebrannt – also es gibt auch Ausnahmen, Cooley brennt zweifach – aber Jameson und Bushmills brennen ausschließlich dreifach. Sie haben kupferne Potstills, Cooley hat aber auch das Column-Still-Verfahren, also Bushmills und Jameson sind eher solche Traditionsbrennereien, die dreifach auf kupfernen Potstills brennen und Jameson in Midleton stellt diese Single Pot Stills her, aus 40 % gemälzter Gerste und 60 % ungemälzter Gerste, und das ist einmalig auf der Welt, das gibt es nur in Irland. Die Single Pot Stills werden auch dreifach gebrannt. 

MM: Welche Auswirkungen hat es denn auf den Geschmack, wenn ich 60 % ungemälzte Gerste verwende?
MS: Der Whiskey wird würziger und kräftiger. Der Single Pot Still hat auch oft kräutrige Noten, der Power John's Slane Single Pot Still riecht z.B. nach Gewürznelken. 

MM: Welchen Whiskey würdest du jemandem empfehlen, der sich bei irischem Whiskey noch nicht gut auskennt?
MS: Da muss man unterscheiden, ob es sich um einen Whisky-Kenner handelt oder um einen kompletten Neuling. Irischer Whiskey ist wunderbar geeignet für jemanden, der bis dahin noch nichts mit Whisky zu tun hatte, weil es diese herrlich weichen Whiskeys gibt. Der Uisce Beatha ist z.B. unglaublich weich und mild, er brennt nicht, liegt derzeit bei ca. 33 € und die Flasche sieht auch noch cool aus. Aber ich bekomme ihn nicht im  Supermarkt, er hat schon eine gewisse Qualität zu bieten. 
Kommt aber ein Single Malt Kenner, der mal einen irischen Whiskey probieren will, dann frage ich erst mal, was er sonst so gerne trinkt. Wer getorfte Whiskys mag, sollte eher einen Single Pot Still Whiskey wählen, weil die sehr kräftig im Geschmack sind. Der Redbreast 21 wäre da ein guter Tipp. Allerdings kostet er auch ca. 150 €, ist also eine ganz andere Preisklasse. Ebenfalls empfehlenswert sind unsere Single Cask Abfüllungen, weil das natürlich etwas sehr spezielles ist. Teeling Port Wine war beispielsweise 12 Jahre im Portwein-Fass, damit kann man auch Single Malt Freunde begeistern. 

MM: Lass uns noch über deine Zukunftspläne sprechen. Wo siehst du dich selbst in 10 Jahren?
MS: Auf jeden Fall als großer Importeur für Irischen Whisky. Als jemand, der Irischen Whisky nach außen hin in Deutschland präsentiert und vorantreibt. Natürlich ist damit auch viel Missionarsarbeit verbunden, die ich im Moment noch leisten muss, und ich hoffe sehr, dass ich dazu beitragen kann, dass der Ruf des irischen Whiskey in Deutschland besser wird. Und dass die Leute zunehmend bereit sind, irischen Whiskey auch zu probieren und die ganze Geschmacksvielfalt zu entdecken. 

MM: Mußt du auch in Irland Missionarsarbeit leisten und die Produzenten für den deutschen Markt begeistern?  
MS: Nicht mehr so sehr wie am Anfang. Deutschland ist ein wichtiger Markt, vor allem für die neuen, kleineren Hersteller. Die großen Brennereien wie Midleton oder Kilbeggan verkaufen lieber in die USA. Auch von Tullamore gibt es im Moment wieder Abfüllungen, die erst gar nicht nach Deutschland kommen. Ich habe mir bei meinem letzten Besuch in Irland Flaschen für mich selbst mitgenommen,weil ich ihn so gut fand, und man mir aber versichert hat, dass es die Abfüllung in Deutschland nicht geben wird. 

MM: Welche Neuheiten gibt es jetzt im Herbst?
MS: Wir haben den Teeling Rum Cask, 16 Jahre alt, eine Single Cask Abfüllung für uns, dann bekommen wir im Oktober oder November noch eine Single Cask Abfüllung von Quiet Man für den Deutschen Markt.

MM: Wenn jetzt jemand Lust auf irischen Whiskey bekommen hat - auf welchen Messen kann man dich die nächsten Monate antreffen?
MS: Jetzt im Herbst sind es die Aquavitae in Mülheim und die Whisky and Tobacco Days in Hofheim. Auf dem Bremer Bottle-Markt werde ich zwar nicht persönlich sein, aber unser Whisky ist dort vertreten. Im Frühjahr habe ich dann noch Einsätze in München, Nürnberg und Bochum geplant. 

MM: Mareike, ich wünsche dir noch viel Erfolg bei deiner Missionarsarbeit und danke dir für dieses Gespräch. 

Mareikes Website findet ihr unter   http://www.irish-whiskeys.de/




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