Diageo investiert 10 Millionen Britische Pfund in Dänische Whisky-Brennerei
Eine dänische Tageszeitung brachte die Meldung zuerst: die
zu Diageo gehörende Distill Ventures Group hat
20% Aktienanteile an der dänischen Whisykbrennerei Stauning erworben. 10 Millionen Britische Pfund war der Deal angeblich wert. Mit
dem Kapitalzufluss soll eine neue Brennerei gebaut und die Kapazität von
derzeit 15.000 Liter Alkohol pro Jahr um das 50fache gesteigert werden.
Dieser Erwerb ist keine Eintagsfliege, sondern Teil einer
groß angelegten, neuen Marketing- und Expansionspolitik des multinationalen Getränkeriesen.
Stauning wird nur der erste Stein in einer Kette von Neuerwerbungen sein.
Höchste Zeit also, einen Blick auf die neuen
Markt-Strategien von Diageo zu werfen. Was steckt dahinter? Und welche
Auswirkungen könnte das auf den deutschen Whiskymarkt haben?
Die Kunden von morgen
Erst letzten Monat war auf der Investor Conference in New York die neue Marktausrichtung
des Konzerns vorgestellt worden. Die Richtung ist eindeutig: es geht in viele Richtungen. Denn die Zeiten, in denen man die Kunden mit einem einzigen, weltumfassenden
Classic-Malts-Konzept begeistern konnte, sind längst vorbei. Das hat man auch
bei Diageo erkannt.
Die Kunden von heute – und vor allem die Kunden von morgen – legen Wert auf Individualität, auf Authentizität, auf geschichtliche Wurzeln, auf Regionalismus und auf Herkunftsbezeichnung. Doch genau das können multinationale Konzerne nicht bieten. Um dennoch in Zukunft ihre Kunden nicht zu verlieren, müssen sie reagieren und neue Wege gehen:
Die Kunden von heute – und vor allem die Kunden von morgen – legen Wert auf Individualität, auf Authentizität, auf geschichtliche Wurzeln, auf Regionalismus und auf Herkunftsbezeichnung. Doch genau das können multinationale Konzerne nicht bieten. Um dennoch in Zukunft ihre Kunden nicht zu verlieren, müssen sie reagieren und neue Wege gehen:
"For big brands to succeed it is increasingly important that they are relevant, and authentic, and that marketing must ensure they are salient.
• In this way the dynamic of craft spirits differs from that of craft beer. In beer, craft is about being local, fresh, close to the consumer. In spirits, the concept of craft is about brand heritage, ingredient quality, provenance, authenticity, purpose and attention to detail.
• In spirits, craft credentials can be seen as an enabler to growth. Craft credentials in spirits can be leveraged by big brands which are authentic, well made and distinctive. This has been key to the growth of brands such as Bulleit, George Dickel and Don Julio.
• Small spirits brands, either individually or in total, have not taken significant share and we can ensure big spirits brands can still win provided we understand consumer motivations and act upon them quickly with relevant brand building."
(David Gates, Investor Conference New York, Presentation 11/2015)
Classic Malts of Scotland. Foto: MargareteMarie |
Diageo hat sich gut aufgestellt. In Nordamerika wurden die Marken Bulleit, George Dickel, Johnny Walker XR und Orphan Barrels eingeführt, die genau diese Kriterien erfüllen. Wir alle erinnern uns noch an die wunderbare Geschichte vom alten Familienrezept des Ur-Ur-Opas und der langen Whisky-Tradition in seiner Familie, die Tom Bulleit monatelang allen Whisky-Journalisten rund um den Globus zur Markteinführung des Bullet Rye ins Ohr diktierte. Dass der Bullet Rye in Wirklichkeit vom Großproduzenten MGP in Laurenceburg, Indiana, hergestellt wurde, verschwieg er dabei.
Doch in Zeiten, in denen jede zweite Ehe scheitert und Familienstrukturen immer brüchiger werden, wird die Sehnsucht nach Familiengeschichten aus der guten alten Zeit immer stärker. Die Whisky-Produzenten haben dieses Marketing-Potential längst erkannt.
Wer wenig von Legenden hält, wird anderweitig bedient. Whisky mit Seltenheitswert bieten die Orphan Barrels, der Haig Club verspricht Exklusivität und die Whiskey Union versucht mit bunten Bildern und ungewöhnlichen Namen das Bar-Publikum auf ihre Seite zu ziehen. So unterschiedlich diese Konzepte auch sind, sie haben alle ein Ziel: den Kunden da abzuholen, wo er steht.
Distill Ventures
Bis jetzt sind die vielen kleinen, privaten Whisky-Brennereien, die in den vergangenen Jahren überall entstanden sind, keine große Gefahr. Doch sie könnten es eines Tages werden. Um sie schon vorher ins eigene Boot zu holen, wurde vor zwei Jahren Distill Ventures gegründet und an die Schnittstelle zwischen Diageo und kleinen, vielversprechenden Spirituosen-Produzenten gesetzt.
Wie obige Grafik zeigt, haben die Mitarbeiter von Distill Ventures bis zum jetzigen Zeitpunkt 2.600 Marken analysiert, zu 230 Firmeninhabern Kontakt aufgenommen, 15 Projekte in die engere Wahl gefasst und 8 start-up Betriebe für ihr Konzept gewinnen können. Zwei verschiedene Arten von Programm stehen zur Verfügung: "Seed" soll kleinen Firmen ein gutes Start-up ermöglichen, "Growth" richtet sich an Firmen, die expandieren wollen. DV betreut, berät und unterstützt diese Firmen finanziell. Im Gegenzug erhält Diageo 20% Anteile an der Firma, mit der Option, zu einem späteren Zeitpunkt die Firma komplett übernehmen zu können.
Die neue Stauning Brennerei in Dänemark soll schon im kommenden Jahr errichtet werden, der erste New Make ist für 2018 geplant. Dann wollen sie den Weltmarkt erobern. Mit einer Geschichte, die von Wind, Wasser und Land in Dänemark erzählt. Und natürlich von echten Dänen.
Noch verkünden die 9 Personen, die die Stauning Brennerei vor 10 Jahren gemeinsam gründeten, dass auch in Zukunft ihr Schwerpunkt die Produktion von "handmade Danish whisky of the highest possible quality" sein werde. Wie schön. Doch der Ausverkauf ihrer Kultur hat längst begonnen. Auch wenn sie es noch gar nicht wissen.
Wie wird es weiter gehen?
Die Stauning Brennerei wird nicht die einzige regionale Brennerei bleiben, die ihre Türen einen Spalt weit für Diageo geöffnet hat. In Tasmanien war Diageo ebenfalls auf Suche nach Kooperations-Partnern. Aber in Down-Under blieben die Brennerei-Türen bislang zu. Nicht alle Brennereien werden zukünftig jedoch so standhaft sein.
Werfen wir noch einen Blick auf unser eigenes Land. In Deutschland - und auch in Österreich oder der Schweiz - wird mittlerweile fleißig Whisky
gebrannt. Die meisten von ihnen sind kleine Brennereien, die produzieren, was der Kunde wünscht. Was nicht
läuft, wird eingestellt, man ist flexibel.
Doch es gibt inzwischen auch einige Brennereien, die es
ernst meinen und ganz auf Whisky setzen. Sie brauchen finanziell einen langen
Atem, denn Whisky braucht Zeit. Die Investitionen sind enorm hoch, der Cash
Flow ist in der Anfangsphase niedrig.
Diese Brennereien könnten durchaus damit liebäugeln, sich
mit Distill Ventures zu verbändeln. Und in den ersten Jahren würden sie sogar
profitieren. Das Modell ist verlockend: finanzielle Unterstützung, Zugang zu
neuen Vertriebsstrukturen, fundierte
Marktanalysen und Ausdehnung auf den Weltmarkt werden in Aussicht gestellt.
Solche Partnerschaften funktionieren immer in zwei
Richtungen, und Diageo fördert nicht ohne Eigennutz. Hat der Riese erst mal
einen Fuß in der Tür, wird man ihn so schnell nicht mehr los. Nach außen hat es
für den Konsumenten den Anschein, als ob der Markt vielfältig ist und ein
großes Angebot an Whisky von unabhängigen, individuellen Brennereien besteht.
Doch nach innen werden früher oder später die Betriebe alle entlang der
gleichen Leitlinien marschieren. Leitlinien, die der Branchenriese Diageo bestimmt.
Man braucht nicht viel Fantasie, um die Ausrichtung dieser Leitlinien vorauszusagen: Die größeren werden mit ausgeklügelten Strategien den Markt dominieren und so aufgestellt, wie es für Diageo dienlich ist. Für die Kleinen wird irgendwann die Luft zu dünn. Die Vielfalt und Eigenständigkeit de Whiskyproduzenten in unserem Land wäre dann nur noch ein trügerischer Schein.
Man braucht nicht viel Fantasie, um die Ausrichtung dieser Leitlinien vorauszusagen: Die größeren werden mit ausgeklügelten Strategien den Markt dominieren und so aufgestellt, wie es für Diageo dienlich ist. Für die Kleinen wird irgendwann die Luft zu dünn. Die Vielfalt und Eigenständigkeit de Whiskyproduzenten in unserem Land wäre dann nur noch ein trügerischer Schein.
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